Kleine Kulturgeschichte des Feuers

Kleine Kulturgeschichte des Feuers

«Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht; und was er bildet, was er schafft, das dankt er dieser Himmelskraft. Doch furchtbar wird die Himmelskraft, wenn sie der Fessel sich entrafft, einher tritt auf der eignen Spur: die freie Tochter der Natur. Wehe, wenn sie losgelassen…»

Unzählige Generationen wehrloser Gymnasiasten durften sich im Deutschunterricht an der Interpretation von Friedrich Schillers «Lied von der Glocke» abarbeiten. Erinnerungen an dieses Monument deutscher Dichtkunst sind oft traumatisch überlagert und können dieselben Beklemmungen auslösen, die Alpinisten beim Anblick der Eigernordseite beschleichen, wenn die Schreckenswand ihnen zuraunt: If I’m too strong, you’re too weak! Lange schon vor dem schwäbischen Nationaldichter war es ein gewisser Prometheus – von Zeus verstossener Titan –, der mit dem Feuer spielte, indem er die himmlische Flamme seinen Freunden, den Menschen, brachte. Woraufhin er vom Göttervater grausam bestraft wurde. Könnte es sein, dass Zeus Prometheus nicht nur wegen dessen Ungehorsams an den Kaukasus schmiedete, sondern auch, weil er als Herrscher des Olymps tiefen Einblick in das Wesen der Menschen hatte und den Weg vom ersten Feuer des Neandertalers bis zum Höllenfeuer von Hiroshima durch die Unvernunft des Homo «sapiens» klar und deutlich vorgezeichnet sah? Heute wollen wir einmal einen Blick darauf werfen, wie unterschiedlich entwickelte menschliche Gemeinschaften mit dem Feuer umgehen und ob daraus eine Korrelation zwischen Pyrotechnik und erreichten Zivilisationsniveaus erkennbar wird. Dazu umrunden wir zunächst die Erde und checken, was down under los ist.

Burn, Aussie, burn!

Die Typen in Australien gelten als unkomplizierte Macher, die nach Art des hemdsärmeligen Crocodile Dundee alles unter Kontrolle bekommen – don’t panic, folks! Darum hielt es der australische Premierminister Scott John Morrison, von seinen Leuten meist ScoMo genannt, auch für völlig übertrieben, seinen Jahresurlaub auf Hawaii zu verschieben, bloss weil sich die Aborigines anheimelnde Feuerchen gemacht hatten, die dann geringfügig ausser Kontrolle gerieten. Ursprünglich hatten die Ureinwohner vorgehabt, sich ein paar Dingos, die sie mittels gezielter Bumerangwürfe zur Strecke zu bringen versucht hatten, am Lagerfeuer zu braten. Früher hatte das immer problemlos funktioniert, heute allerdings sind die Eingeborenen wegen zunehmender Degenerationserscheinungen nicht mehr in der Lage, sich ihre traditionellen Jagdwaffen selbst zu schnitzen, sie sind seit geraumer Zeit auf den Import dieser Wurfgeschosse angewiesen.

Made in China

Im Zuge des Ausbaus der Seidenstrasse ergriff der Chinese umgehend die sich bietende Gelegenheit und lieferte den australischen Buschmännern massenhaft Bumerangs, die sich vornehmlich durch niedrige Preise auszeichneten und im Internet bestellt werden konnten. Wodurch sie sich weniger auszeichneten, war das von den Aborigines als eigentlich unverzichtbar angesehene Flugverhalten bei Fehlwürfen – return to sender. Man hatte völlig vergessen, den Chinesen diese Looping-Eigenschaft ins Pflichtenheft zu schreiben; dies wurde aber erst bemerkt, als die Frist für Mängelrügen längst abgelaufen war. Die Folge war eine Fehlkonstruktion, die Christian Morgenstern, Präsident des deutschen Fluglotsenverbands, folgendermassen umschrieb: «War einmal ein Bumerang; war ein Weniges zu lang. Bumerang flog ein Stück, aber kam nicht mehr zurück. Publikum noch stundenlang wartete auf Bumerang.» Hätten die Aborigines Morgenstern gelesen, statt am Uluru ihre Vorfahren zu beschwören, diese Enttäuschung wäre ihnen erspart geblieben.

Play it again, Sam!

Auf der Suche nach ihren verschollenen Bumerangs liessen die Eingeborenen ihre Feuer im Stich, der Wind fachte die Flammen an – und es brannte und brannte, bis nahezu der gesamte Kontinent in Flammen stand. Kängurus, Koalas, Schnabeltiere und andere eher primitive Lebewesen waren genetisch nicht auf diese Entwicklung vorbereitet; sie wurden immer weniger. Der Premierminister dagegen erkannte sofort, dass Risiken auch Chancen bieten: «Jetzt kann die Natur mal zeigen, was sie draufhat! Bin gespannt, ob die den Mist wieder auf Vordermann kriegen.» RTL nahm die nachhaltige  Landschaftsveränderungen zum Anlass, seinen Blockbuster «Dschungelcamp» einem schon lange fälligen Facelifting zu unterziehen: «Brandrodungslager», wie die Serie neu gebrandet wurde, findet ab sofort in vegetationsfreiem Gelände statt. Ohne störendes Blattwerk kann das TV-Publikum jetzt viel besser erkennen, wer wem wo gerade an die Wäsche geht. Eigens für den Serienneustart wurde das beliebte Harzer Volkslied «Köhlerliesel» neu arrangiert, gesungen wird es von Fips Asmussen, stimmungsvoll begleitet auf der alpenländischen Zither von Hansi Hinterseer.

Hätten Sie mal Feuer?

Wissen Sie noch, wie sich Trump grün und blau darüber ärgerte, dass der Iran die Bedingungen des Atomabkommens akribisch einhielt? Einem sklavischen Befolgen internationaler Abmachungen werde man nicht tatenlos zusehen, gab er in Form einer amtlichen US-Durchsage bekannt. Aber diese vernagelten Teppichhändler wollten nicht hören, woraufhin Ghassem Soleimani, General der Revolutionsgarde, von den Amis eine Drohne Marke «Sensenmann» in seinen Dienstwagen gesemmelt bekam. Daraufhin feuerten die Iraner eher lustlos einige mickrige Raketen in Richtung US-Militärbasen ab. Woraufhin der verhaltensauffällige Halbstarke im Weissen Haus begeistert twitterte: «All is well!» – Das wiederum animierte die Iraner zu weiteren Heldentaten, und in einer ballistischen Meisterleistung holten sie die Boeing einer ukrainischen Fluggesellschaft  vom Himmel. Hätte ja genauso gut ein «Tomahawk»-Marschflugkörper sein können, gell? Daraufhin drohte Trump mit der Zerstörung von mindestens 52 persischen Kulturdenkmälern. Woraufhin die Iraner mit einem Jahrhundertschuss die Freiheitsstatue auf Liberty Island wegputzten. Trump (brüllend): «Volltreffer!! Hau weg den Scheiss!!» – Verteidigungsminister (eingeschüchtert): «Um Vergebung, Euer Gnaden, die Dame stand auf unserem Territorium und war ein Symbol früherer amerikanischer Werte.» – Oberbefehlshaber der Streitkräfte (brüllend): «FAKE NEWS!! New York City ist nicht unser Terrarium, sondern demokratisch verseuchtes Feindesland!!»

Zeus zu Prometheus (ihm den Vogel zeigend): «War ’ne klasse Idee von Dir, Junge, die Irrenanstalt mit Phosphorfackeln zu beliefern!»

 

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