Gen Norden

Verehrtes Publikum

Bei unserem vorletzten Tête-à-Tête habe ich Ihnen anvertraut, wie ich in Frankfurt eine Welsche kennengelernt hatte. Die Dinge entwickelten sich, schliesslich wurde die Demoiselle Frau P.

Frau P. stammt aus der Region Genfersee, in der Persönlichkeiten wie Frédéric-César de La Harpe, Erzieher des Zaren Alexander I., Jean-Jacques Rousseau und Madame de Staël lebten und wirkten. Mary Shelley schrieb hier ihren schaurig schönen ‹Frankenstein›. Ich bin aus einer Gegend Niedersachsens gebürtig, in der 1000 Jahre lang Bergbau betrieben wurde; ein harter Job, der Spuren hinterlässt. Würde man Frau und Herrn P. zu Mitwirkenden im ‹Herrn der Ringe› machen, so fiele ein feinsinniges Wesen aus dem Volk der Elben einem ungehobelten Zwerg in die Hände: Lúthien Tinúviel vs. Dain II. Eisenfuss.

Kürzlich hat mir Frau P. Einblick in ihr Tagebuch gestattet, so dass ich authentisch berichten kann, wie sie damals ihre erste Fahrt zu den Niedersachsen erlebte: «J. hatte gesagt, wir müssen am Samstag früh starten, um gut durchzukommen. Um 5 Uhr stand ich vor dem Haus, wo er mich mit den Worten einlud: ‹Beeilung, es wird Zeit, dass wir auf die Autobahn kommen!› Deutsche Männer von echtem Schrot und Korn lieben die Autobahn; dort können sie ihre Boliden volles Rohr ausfahren und den Losern auf der rechten Spur zeigen, wo der Barthel den Most holt.

J. sagte, als wir auf die leere Schnellstrasse einbogen: ‹Was mir an Motorleistung fehlt, werde ich durch persönlichen Einsatz ausgleichen!› – und gab Vollgas. Obwohl er dem Wagen das Letzte abverlangte, überholten uns ab und zu andere Autos. Diese wurden von ‹Heckenpennern›, ‹Schwachköpfen› und ‹Blindgängern› pilotiert, wie J. dank seiner Expertise feststellte. Pausen machten wir keine. Pünktlich um 7 Uhr 52 kamen wir an. Die Mutter schlief noch, J.s Vater las Zeitung in seinem Kontor. ‹Wir könnten dann mal Kaffee kochen›, meinte er mit Blick auf J.»

So begann die Entdeckungsfahrt der Frau P. ins Land der Niedersachsen.

Kommentare sind geschlossen.