Haben Sie schon mal Schach gegen einen Russen gespielt?

Haben Sie schon mal Schach gegen einen Russen gespielt?

Da lassen die EU und die NATO nichts unversucht, dem hinterlistigen Strauchdieb Wladimir Putin zu zeigen, wie überlegen der Westen dem zutiefst verachteten Russland ist. Und was passiert? Putin grinst sich eins in seinem Moskauer Kreml – und spielt sein königliches Spiel in der Ukraine. Wieso kann man diesen Banditen eigentlich nicht aus der Reserve locken und vernichtend schlagen?

«Schach!», sprach Wladimir der Trickreiche, nahm anschliessend in einer kurzen Rochade Viktor Janukowitsch, den Amtsvorgänger des vom Westen inthronisierten Schokoladenkönigs Petro Poroschenko, aus der vom Westen sorgfältig genährten Maidan-Schusslinie, setzte sich mit einem Turm und einigen Springern bei Sewastopol fest, genehmigte sich ein Gläschen Wodka, lehnte sich entspannt zurück und bat den Westen höflich um dessen nächsten Zug.

Da aber seit Metternichs und Bismarcks Zeiten die hohe Kunst der Diplomatie in Westeuropa ziemlich versandet ist, nahm man seitens Cameron, Merkel & Konsorten Zuflucht bei dem, was immer wieder ganz tollen Eindruck auf das einfache Volk macht und was im Kalten Krieg als erstrebenswerte Kernkompetenz eines jeden Politikers, der auf sich hielt, angesehen wurde – man rasselt mit dem Säbel; hoch differenzierte Kanonenbootpolitik à la Wilhelm II., der fälschlicherweise Gott an seiner Seite wähnte.

«Hör zu, Wladimir, gleich gibts herzhaft auf die Fresse!», liest sich in Medienverlautbarungen so: «Wir als nordatlantische Verteidigungsallianz sind jederzeit bereit, robuste Mandate zu übernehmen.»

Und der robuste Satiriker antwortet daraufhin sogleich: «Habt Ihr Holzköpfe eigentlich noch alle Latten am Zaun?» Da standen sie nun bei ihrer Tagung in Wales, die NATO-Führer – das maskuline «Führer» ist hier als genderkorrekt anzusehen, da A. Merkel in der NATO wegen ihres herben DDR-Charmes und ihrer Kleidung als echter Mann angesehen wird – für die Militär-Paparazzi akkurat aufgestellt vor einem potemkinschen Düsenjäger aus Hartpappe, die Köpfe erwartungsvoll im Nacken, denn der damalige NATO-General­sekretär Anders Fogh Rasmussen hatte angekündigt, er werde demnächst einen fliegen lassen – einen der wenigen flugfähigen Kampfhelikopter, über welche die NATO noch verfügt.

Als das lärmende Fluggerümpel dann absturzfrei ausser Sichtweite gelangt war, wandte sich das Merkel ganz begeistert an Rasmussens Fogh: «Fuck, das hat jetzt aber tüchtig geknattert! Sind da auch Schiessgewehre dran?»

Die bundesdeutsche Verteidigungsministerin von der Leyen, seitens ihrer bedingt einsatzfähigen Truppe daheim zärtlich «Panzerfaust-Uschi» genannt, traf fast der heilige Militärschlag, als sie dies hörte, und sie dachte still bei sich: «Die schnallt doch sowieso nix, diese Ostzonen-Schnepfe.»

Zerfallsreaktionen

Zurück im Konferenzsaal, ging Mutti Merkel im Zusammenhang mit tiefschürfenden Überlegungen, wie man Putins Russland am besten trockenlegen könne, unvermittelt der Titel ihrer Jahre zurückliegenden Dissertation durch den Kopf: «Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden.»

Was sie mit dem zweiten Teil der Arbeit gemeint hatte, war ihr entfallen, es hatte wohl auch nichts zu bedeuten; der «Mechanismus von Zerfallsreaktionen» hingegen erschien ihr in Bezug auf Putins Russland grundsätzlich ausbaufähig.

«Mon cher François», wandte sich das Merkel kürzlich dem französischen Präsidenten während der Waffenstillstandsverhandlungen in Minsk zu, «was halten Sie von weiteren Sanktionen gegen Russland?» Monsieur le Président antwortete nicht sofort, denn ihm wollte Napoleons Grande Armée, die 1812 an der Beresina schmählich unterging, nicht vom inneren Auge weichen. Damals konnten übrigens, um den Bogen in die Heimat zu schlagen, selbst vier Schweizer Infanterieregimenter, die an der Beresina verzweifelt ihre kärglichen Emmentaler Käsevorräte verteidigten, die Horden asiatischer Untermenschen, die aus den Steppen des Ostens gegen die Zivilisation anbrandeten, nicht aufhalten. Obwohl sie Unmengen von ihnen mit ihren drohend erhobenen Fonduegabeln aufspiessten.

Heute strömen übrigens die Nachkommen dieses östlichen Lumpenpacks als Russenmafia nach Gstaad und St.?Moritz und versauen dort die Immobilien- und andere Preise.

Wie eine Ladung Viagra

«Pensez-vous que des sanctions sont une bonne idée, Angélina?», fand sich schliesslich François zu einer Antwort bereit. Annähernd 900 Tage, vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944, belagerten deutsche und finnische Truppen Leningrad. Über eine Million Menschen starben – doch Leningrad ergab sich nicht. So viel zu der Vorstellung, Russland sei durch Sanktionen zu beeindrucken.

Und um die Strategie eines begabten russischen Schachspielers zu durchschauen, bedarf es wohl etwas mehr Scharfsinns, als dem Herrn US-Senator McCain zur Verfügung steht, auf den US-Waffenlieferungen an die Ukraine genauso anregend zu wirken scheinen wie eine geballte Ladung Viagra.

Jan Peters

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