TIEF IM NORDENBuch bestellen

In der pädagogischen Windstille
R.G. Fischer Frankfurt. 1995.
ISBN 3-89501-130-4

1. Auflage vergriffen

Tief im Norden entstehen schroffe Konfrontationen dadurch, dass sich die strukturelle Macht der deutschen Schulbürokratie rücksichtslos und formal abgesichert gegen das Individuum durchsetzt, ohne ihm das Recht auf Freiraum einzuräumen. Unvereinbare Auffassungen darüber, wie sich Menschen verhalten sollten, eskalieren in Dimensionen, die in existenzielle Bedrohung münden. Tief im Norden ist die schmerzhafte Chronik der Nichtaufnahme eines Menschen in eine Gemeinschaft, die sich ihm hermetisch verschliesst.

TIEF IM NORDEN
In der pädagogischen Windstille

TEXTAUSZUG

Wie gerädert saß ich um 6.00 Uhr im Wagen und suchte den nördlichen Ausgang dieser ungastlichen Stadt, wenigstens unbehelligt von der Rush-hour, die samstags nicht abgehalten wird.

Dies war nun die Schlußetappe, der ‚point of no return‘, die Elbe war zu meinem Rubikon geworden.

Im Osten überzog die aufgehende Sonne den Himmel mit einer Purpur-Aura. Die über das platte Land verstreuten Gehöfte und Katen rechts von mir setzten sich zu meiner Begrüßung Kronen von feurigen Dornen auf, in den Backsteinmauern links von mir färbten sich die vorher pechschwarzen Augenhöhlen blutrot, wie Stigmatisierungen in den Fachwerkskeletten.

Das Land zwischen den Meeren bemalte sich zu meiner Einstimmung mit dramatischen Farben.

Das Licht des Nordens ist ständigem Wechsel unterworfen, ausgeliefert der unberechenbaren Willkür des Wolkenzuges. Unstet, nie lange gleich, mal durch ein Loch einen Kirchturm herausgreifend, dann wieder diffus verhüllend, prägt es, wie sonst nirgends, den Charakter und die eigentümlich eintönige, melancholische, mitunter gespenstische Wirkung dieses Landes.

Die Vertikale sucht das Auge vergeblich, dafür bekommt es im Übermaß die Weite der eiszeitlich geprägten Landschaft  geboten, bevor es sich schließlich hinter den Deichlinien in der Unendlichkeit der See verliert.

Wer hier geboren wurde, fühlt sich durch jeden Berg, jeden Hügel eingeengt und dieses freien Blickes beraubt.

Die ersten weiß-roten Leuchttürme der Küstenbefeuerung setzten farbige, senkrechte Linien in das satte Grün der Weiden, zu ihren Füßen wiederkäuende Schwarzbunte, abgelöst von den geländegängigeren, leichteren Schafen, die die Deichbegrasung kurz halten, ohne sie zu ruinieren.

Und dann das Meer, zu dem ich schon als Kind eine besondere Beziehung hatte.

Von einem Sommerferienaufenthalt zum folgenden kamen mir regelmäßig Zweifel, ob ich es je wiedersehen würde. Irgendwie wurde ich den Verdacht nicht los, daß es beim nächsten Mal verschwunden sein könnte, wie das Badewasser, dessen Existenz mit dem Herausziehen des Stöpsels jäh beendet werden kann. Um so überraschter und erfreuter war ich immer wieder aufs neue, es unverändert wiederzusehen.

Nun würde ich sogar mein weiteres Leben am Meer verbringen, dieser Gedanke übte eine nicht zu beschreibende Faszination auf mich aus.

TIEF IM NORDEN
In der pädagogischen Windstille

REZENSIONEN

Sie werden es nicht glauben, aber am Wochenende habe ich auf einer längeren Zugfahrt durch Deutschland Ihr Buch («Tief im Norden») gelesen.

Es war wirklich eine spannende Fahrt (in Gedanken) – durch die kalte Inselwelt mit Esbit und Ihren ehemaligen Kollegen, dann die Erlebnisse mit Dr. Kleinwuchs & Co. in der Marsch, den Leuten vom Umweltverein, Herrn Schapp, und den Kameraden aus Hamburg.

Ich habe einmal mehr – wie im «Sebastian» – mit Ihnen mitgebibbert, vor allem in der längsten Nacht Ihres Lebens, und war tief beeindruckt, wie Sie diese Momente beschrieben haben. Und auch wie offen Sie mit den Erlebnissen umgehen, die meistens niemand gerne mit Fremden teilt.

Jetzt bin ich natürlich gespannt: Wie geht die (Lebens-) Geschichte weiter?

Nach dem Umzug in die Schweiz gab es ja sicherlich auch noch viele spannende Stationen…

Was mich aber auch noch interessieren würde: Wie denken Sie heute, 17 Jahre nach Ihrer Auswanderung in die Schweiz, über Deutschland, das Land, in dem Sie geboren sind? Ist es für Sie immer noch die «arme, graue Mutter aus eiskaltem Kanonenstahl»?

Oder kann man mit der Zeit «vergessen»?

Claudia, Neu-Ulm

P.S: Ich bin übrigens sehr beruhigt, dass aus Ihnen kein Programmierer geworden ist! Das Schreiben passt doch sehr gut zu Ihnen!

 

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