Geschnetzeltes nach wahhabitischer Art

Geschnetzeltes nach wahhabitischer Art

WARNHINWEIS: Der folgende Text enthält Passagen, die geeignet sind, bei sensiblen LeserInnen Abscheu, Angst, Ekel, Verzweiflung, Grauen oder Depressionen auszulösen. Diese Symptome können einzeln, in Zweier-, Dreier-, Vierer-Gruppen oder zusammen auftreten. Wenn Sie solche Anzeichen beim Lesen des Texts bei Ihnen bemerken, legen Sie den Artikel sofort beiseite und ziehen Sie sich stattdessen einen Rosamunde-Pilcher-Film im Pay-TV rein.

Wir heissen diejenigen willkommen, die sich bis hierher vorgewagt und damit bewiesen haben, dass sie weder Tod noch Teufel scheuen. Wobei wir diese Tapferen gleich darauf vorbereiten müssen, dass es im Folgenden gar nicht um solch vergleichsweise harmlose Typen wie den Knochenmann oder den Antichristen gehen wird. Sondern um ein viel schlimmeres Lebewesen – um eine Ausgeburt des Hades, die infernalisch brüllend aus den schrecklichsten Abgründen unseres Planeten aufgestiegen ist, um die Erde mit einer Spur von Blut und Verwüstung zu überziehen: Wir sprechen hier vom MENSCHEN schlechthin – einer Kreatur der Finsternis, gegen die der T. Rex ein Hauskätzchen war, das sich schnurrend in den Schoss von Ernst Stavro Blofeld, dem eigentlich Bösen, kuschelte, während dieser darüber nachsann, wie Commander Bond möglichst qualvoll ins Jenseits zu befördern sein könnte.     

Entwicklungshilfe

All denjenigen von uns, die aufmerksam das Tagesgeschehen verfolgen, dürfte nicht entgangen sein, dass sich die Paschas Trump und Erdogan, unumstrittene Alleinherrscher in ihren märchenhaften Reichen, wieder etwas angenähert haben, nachdem Sultan Recep Tayyip I. den kürzlich von ihm wegen angeblicher Terroristenunterstützung eingebuchteten Pfaffen Andrew Brunson freigelassen hatte. Im Rahmen einer damit verbundenen Wiedergutmachung erteilte US Marshal Trump den Paramount-Studios in Hollywood den Auftrag, einen Film in Istanbul zu drehen. Technisch gesehen «not a big deal», aber welchen Inhalts sollte dieser Film sein? Zunächst dachte man an eine Fortsetzung der «10 Gebote» oder an «Ben Hur» Teil II, bis dann einem der Paramount-Winkeladvokaten auffiel, dass diese Monumente der Filmgeschichte auch etwas mit dem Christentum zu tun hatten, was evtl. zu neuen Komplikationen führen könnte. Denn erstens ist anzunehmen, dass Erdogan wegen dieses Hilfsseelsorgers Brunson die Schnauze vom Christentum gestrichen voll hat, und zweitens könnte er beim Wagenrennen in «Ben Hur» auf die Idee kommen, dass die tückischen Ungläubigen damit undercover einen Angriff auf Mekka vorbereiten.

Vorsicht, Kamera!

Da hatte ein temporär bei Paramount angestellter Kulissenschieber eine Idee, die beim Management auf Zustimmung stiess. Die Drehbuchschreiber wurden zusammengetrommelt und damit beauftragt, den Erfolgsstreifen «The Texas Chain Saw Massacer» in «The Istanbul Bone Saw Incident» umzuschreiben. Keine grosse Sache für die Textprofis von Hollywood: Hier ein Name geändert, dort einige Kostüme ausgetauscht – nur beim Sägen der Knochen und den Blutflüssen durften keine Abstriche gemacht werden, das war die Vorgabe der Studiogewaltigen. Nach drei Wochen stand der Plot, das ganze Equipment war in Kisten verpackt, und ab gings nach Istanbul. Oder besser gesagt, fast wärs nach Istanbul gegangen, denn inzwischen hatte der saudi-arabische Geheimdienst dieses Projekt ausbaldowert und befunden: «Diesen Film, Kameraden, drehen WIR!» Eine Woche später verschwand ein von Paramount gecharterter Jumbojet auf dem Flug von L.A. nach Istanbul spurlos von sämtlichen Radarschirmen, während in Riad ein Pathologe eine Knochensäge in seinem Rucksack verpackte, von einer Limousine mit getönten Scheiben abgeholt und zu einem Feldflugplatz gebracht wurde, wo eine Northrop P-61 Black Widow-Nachtjagdmaschine der US Air Force mit laufenden Motoren unter Tarnnetzen stand.

Director’s Cut

Zehn Tage später betrat Jamal Khashoggi, ein saudischer Journalist, der wegen systemkritischer Artikel wenig Freunde im saudischen Königshaus hatte, dessen Konsulat in Istanbul, um sich Papiere für seine Hochzeit abzuholen. Beim Betreten sah er voller Erstaunen, dass die Konsulatsräume einem Filmstudio glichen. Ein Angestellter trat auf ihn zu: «Hätten Sie Lust, die Hauptrolle in unserem Film zu übernehmen, werter Herr?» – «Müsste ich denn viel Text dafür lernen?» – «Überhaupt nicht, es würde völlig genügen, wenn Sie so laut schrien, wie Sie nur könnten.»

Made in Germany

In Deutschland ist man sensibel für Ethik in der Politik. Das erkennt man z. B. daran, dass am Jahrestag der Fememorde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mindestens fünf Leute Kränze niederlegen. Wie man den Medien entnehmen konnte, war Saudi-Arabien 2018 zweitbester Kunde der deutschen Rüstungsindustrie. Bis zum 30. September erteilte das Wirtschaftsministerium Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 416,4 Millionen Euro. Ob ausser Kampfpanzern und diversen nautischen Kriegsfahrzeugen auch Qualitätsknochensägen zum Einsatz in Lazaretten geliefert wurden, war nicht feststellbar.

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