Die Satire treibt sich heimatlos im Niemandsland herum, sucht ständig nach ihren Grenzen, um sich daran zu reiben. Und Rumpelstilzchen, mit dem gespitzten Griffel in der Sudelhand, murmelt: «Viel Feind, viel Ehr», während es lästerlich kichernd durch Minenfelder kurvt und altmodische rote Anmerkungen ins Drehbuch der Globalisierer, Neoliberalen, Populisten und sonstigen Weltveränderer kritzelt.
ES SIEHT BÖS AUS!
Satirische Anleitung zum Bösesein
TEXTAUSZUG
Standhalten!
«Wir sind in Gefahr, uns unbewusst in ein Spiegelbild der uns manipulierenden Umwelt zu verwandeln», schrieb der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter «nach ’68» und legte wirkungsvoll dar, dass wir entweder «Flüchten oder Standhalten» können.
Mit den Wölfen zu heulen wäre ein weiterer, eher postmoderner Main stream-Lebensentwurf – den Mächtigen in Politik und Wirtschaft ihren Willen zu lassen, in der schimärenhaften Zuversicht, dass etwas von ihrem Glanz und einige ihrer Brosamen unter die herrschaftliche Tafel fallen mögen. Solange «have fun» daraus resultiert, ist’s ja schon genug.
Der Kapitän auf der Kommandobrücke ruft in den Maschinenraum: «Jungs, schaufelt mal ein bisschen flotter, schliesslich sitzen wir alle im selben Boot!»
«Stimmt», sagen diejenigen, die ihren Horst-Eberhard Richter nicht vergessen haben, «wir heizen, und ihr fahrt mit.» Die Kameraden zur See unterhalb der Wasserlinie können gemeinsam narkotisierende Shanties singen, damit ihnen das Bootfahren mehr Spass macht.
Sie könnten aber auch im Video Shop eine DVD klauen und sich zu Hause die Meuterei auf der Bounty reinziehen; dabei die Technik des Kielholens lernen.
Wem daran liegt, Freunde fürs Leben zu gewinnen, dem erwiese es sich als vorteilhafter, nicht mittels Satirischem wider den Stachel zu löcken, sondern sein Glück mit Liebesgedichten oder Schlagertexten zu versuchen. Herz reimt sich auf Schmerz; Liebe dagegen vermählt sich mit dem Triebe zu einem neckischen Dream Team, dessen sich der tückische Zwerg an der literarischen Hauptkampflinie voller Leidenschaft annimmt.
Damit die in diesem Band versammelten Sticheleien, die zwischen November 2003 und September 2004 das grelle Licht der Nacht erblickten, nicht vollends aus dem Rahmen fallen, werden sie von zwei satirischen Borderline Cases umklammert: «First we take Manhattan» am Anfang, «Wölfe in Masuren» am Schluss. Diese Phosphorschriften an der Wand menschlicher Behausung sind schreckliche Bestätigung der Unsterblichkeit Freud’schen «Unbehagens in der Kultur».
Satire als sado-masochistische Reflexion der Unarten des Homo sapiens wird sich von mangelhafter Friedfertigkeit genauso wenig freisprechen können, wie sie der Zielscheibe ihrer Angriffe nachsichtig Absolution erteilen wird: «Non te absolvo!»
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