Ausnahmsweise war sich die Lügenpresse-Journaille einmal einig: Hätte der niederländische Ministerpräsident Rutte nicht kurz vor der Wahl Nazi-Wilders schneidig rechts überholt, indem er die Abgesandte des türkischen Kalifen Erdogan, Sozialministerin Sayan Kaya, in Rotterdam aus dem Verkehr zog und den «lieben niederländischen Landsleuten» einen Brief schrieb, der den Immigranten nahelegte, sich gefälligst zu verpfeifen, sollte es ihnen in Holland nicht gefallen – noch schlimmer hätte alles ausgehen können!
Wer nun aber glaubt, Holländer hätten Türken noch nie gemocht, der sei an eine Novembernacht des Jahres 1599 erinnert: Da torkelten Ajax-Amsterdam-Hooligans vor das von den Spaniern besetzte Fort Liefkenhoek, das die Holländer mit Real Madrids Bernabéu-Stadion verwechselten, und schleuderten den Conquistadores ihr trotziges: «Lieber Türk als Pfaff!» entgegen. Andere sagen, das seien gar keine Fussballfans, sondern Wassergeusen gewesen, die Holland vom katholischen Joch befreien wollten.
Wie auch immer – keine 420 Jahre später wurden sie erhört; da stand ein Pinguin namens Sayan Kaya vor einem holländischen Coffeeshop und schrie: «Ihr habt mich gerufen, Effendi?»
Mark Rutte, der gerade einen Brocken Gouda mit Oude Genever hinunterspülte, wurde damit voll auf dem falschen Fuss erwischt; denn erstens hatte er die Bosporus-Trulla, die von Erdogan als Minenhund vorgeschickt worden war, NICHT gerufen. Und zweitens: Wenn Rutte etwas NICHT ausstehen kann, dann sind es Störungen beim Essen. Es gibt nur einen einzigen anderen Tatbestand, der ihn noch mehr in Harnisch bringt: Wenn Harems-Nebenfrauen der Subkategorie IV höhere Aufmerksamkeit verlangen als ihnen zusteht. Wutentbrannt ordnete er deshalb an: «Man schaffe mir dieses orientalische Klageweib aus den Augen: ABSCHIEBEN die Megäre!!!» Und damit begann das, was man eine veritable Krise nennen könnte.
Türkische Diplomatie
So wie damals vom 27. September bis zum 14. Oktober 1529, als osmanische Truppen unter dem Kommando von Sultan Süleyman dem Prächtigen Wien einschlossen, das damals die Hauptstadt des Habsburgerreichs und eine der grössten Städte Europas war. Kaum waren die muselmanischen Vollpfosten mit knapper Not zurückgeschlagen worden, da lungerten diese Deppen 1683 doch schon wieder vor Wien herum, und der Zoff ging aufs Neue los. Offensichtlich versteht der Türke nur eine Sprache: voll die Fresse poliert!
Allerdings haben sich die Dinge weiterentwickelt: Der Türke steht nicht mehr vor, sondern in der Donaumetropole. Und nicht nur da. Während der türkische Aussenminister, ein Grossmeister der Diplomatie, unauffällig das Terrain sondiert und beiläufig erwähnt, dass eigentlich mal wieder ein zünftiger Religionskrieg fällig wäre. Lachhaft, Kameltreiber – Kreuzritter kommen mit so was klar!
Klartext reden
Die Deutschen, von denen gelegentlich behauptet wird, sie hielten die türkischen «Gast»-Arbeiter für Kanaken, haben sogar Liebesgedichte über Türken zu Pferde verfasst. Ludwig Uhland, ein patriotischer deutscher Dichter, beschrieb einmal in einem Epos, das eine Zeit lang jedes deutsche Schulkind auswendig lernen und unter dem Weihnachtsbaum aufsagen musste, was man sinnvollerweise mit Türken machen solle, die im Weg rumstehen: «Da wallt dem Deutschen auch sein Blut (…), da fasst er erst sein Schwert mit Macht (…), haut durch bis auf den Sattelknopf, haut auch den Sattel noch zu Stücken und tief noch in des Pferdes Rücken. Zur Rechten sah man wie zur Linken, einen halben Türken heruntersinken.»
Auf den ersten Blick könnte man nun meinen, dass so eine Ballade nur unwesentlich zur Völkerverständigung beiträgt. Das wäre aber eine verkürzte Sichtweise. Aus ihrer Entstehungszeit beurteilt, sind dies angemessene Verse. Als Chefreformator Luther vorschlug, zwecks Erheiterung der Christenheit Synagogen abzufackeln, hat er dies ja auch nicht sooo furchtbar ernst gemeint. Sondern irgendwie anders.
So mögen wir Türken
Der Türke, dem Erdogan wieder zu Ansehen verhelfen will, ist jemand, der von uns oft verkannt wird. Wenn wir an Kümmeltürken denken, sehen wir ölhaarige Halbstarke in Lederjacken vor uns, parfümiert wie Puffmusikanten, die vor Discos Speed verticken und rumprollen: «Haste ’n Problem, Alter?» Oder den bescheuert grinsenden Kebab-Ali, der vergammelte Döner verhökert und damit die Ungläubigen nach und nach auszurotten versucht.
Es geht aber auch anders: Sitzen Türken in einem Kulturzentrum in Deutschland. Plötzlich bricht Feuer aus. Die Feuerwehr rückt mit Klamauk an: «FEUER – alle Mann raus!!» Die Türken rühren sich nicht. Brüllt der Hauptmann: «Hört Ihr Idioten schwer? Alle Mann raus!!» – Antwortet der Dorfälteste: «Nix Alman; wir Türkischmann!» und setzt sich wieder.
Hier deutet sich eine elegante Lösung der Ausländerproblematik an: Wir müssen lediglich eine multilinguistisch wirksame Lösung für Feueralarm finden, die nicht nur Türken dazu animiert, dort hocken zu bleiben, wo sie den geringsten Schaden anrichten.