Chez les Welsches

Chez les Welsches

Verehrtes Publikum

Wie Sie sich vielleicht erinnern, habe ich mir kürzlich an dieser Stelle erlaubt, Sie mit einigen Details meiner fragwürdigen Abstammung zu behelligen – Stichwort «grosser Kanton». Ich fühle mich Heinrich Heine, dem Meister der spitzen Feder, nahe, wenn ich von ihm lese: «Denk’ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.» Und schon singe ich mit ihm der Loreley auf ihrem Felsen am Rhein ein bittersüsses Liebeslied.

Eigentlich wollte ich Ihnen aber etwas anderes erzählen, nämlich, wie es kam, dass mein Heimatort nicht Kaiseraugst/AG, sondern Etoy/VD ist. Was ursächlich daran liegt, dass ich 1970 in Frankfurt am Main eine Welsche kennenlernte. Wieso lernte Herr Peters in «Mainhattan» eine Welsche und keine Frankfurterin kennen? Darf ich fragen, was Sie das angeht?

Jedenfalls nahm mich diese Frankfurter Welsche dann mit an den Lac Léman. Da sollten Sie unbedingt auch mal hinfahren – superbe ist es dort: Carnotzets, Saucissons Vaudois, Chasselas, am Himmel der Montblanc, König der Westalpen. Das gefiel mir so gut, dass ich beschloss, dort einzuheiraten. Wir sind immer noch verehelicht, und «Les Welsches» haben mich bis heute ertragen, obwohl ich protestantisch/preussischer Abkunft bin und das Leben im Felde kenne: «TIEFFLIEGER VON VORN – VOLLE DECKUNG!! MG-FEUER AUS 10 UHR!! SPRUNG AUF: MARSCH, MARSCH!!»

Wir sitzen mit unserer Nichte im «Vieux Navire» in Buchillon. Der Ober wartet auf die Bestellung. Les Welsches diskutieren: «Qu’est-ce qu’on boit?» Der Ober wartet auf die Bestellung. «Qu’est-ce qu’on mange?» Der Ober wartet auf die Bestellung. Ich ergreife die Initiative: «Schnitzel, Pommes – zack, zack!» Der Ober salutiert, brüllt: «À vos ordres, mon colonel!» und spurtet in Richtung Küche. Seufzt das Nichtchen: «Mon Dieu! Du benimmst Dich wie ein Wehrmachtsoffizier im besetzten Frankreich.»

Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, wie gut sich unterschiedliche kulturelle Einflüsse in unserem Land vertragen.

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