Es ist unübersehbar, dass der Wertewesten dank seiner Hartnäckigkeit erstaunliche Erfolge erzielt: Die westlichen Sanktionen beginnen zu wirken; es zahlt sich offensichtlich aus, treu und fest zu seinen Werten zu stehen! Für die von den Sanktionen schwer getroffene Wirtschaft erwartet die EU-Kommission ein minimales Wachstum von 0,1 %. Allerdings scheint es fast, als sei der Schuss nach hinten losgegangen, denn diese mitleiderregende Prozentzahl betrifft nicht wie eigentlich erwünscht Russland, sondern bedauerlicherweise das rot-grün-gelb regierte Wertedeutschland.
Aufmerksamen Beobachtern entgeht bei der Betrachtung Deutschlands nicht, dass eine Rückbesinnung auf die «alten Werte» zu konstatieren ist. Dienst am Staat gilt wieder etwas, und der Ehrenrock der Nation wird nicht mehr schräg über die Schulter angesehen, wie es seit ’68 Mode geworden war. In Deutschland existiert eine Tradition des Dienens – das geht von Friedrichs des Grossen «Ich bin der erste Diener meines Staates» über Willem zwo’s «Ham’ Se jedient?» bis zum «dienenden Führen» des Bundesministers für Wirtschaft und Energie. Auch die deutsche Bundeswehr erfährt starken Zulauf von Freiwilligen mit ihrem Motto: «Wir. Dienen. Deutschland». Wertekonservatismus ist «in» und muss sich nicht mehr schamhaft verstecken!
Mariä Schutz und Fürbitte
Monsignore Kohlgraf, Erzbischof von Mainz, reiste kürzlich eigens nach Düsseldorf, um in der Firmenzentrale der Rheinmetall AG das Management zu segnen. In einer kurzen Ansprache wies er ausdrücklich darauf hin, dass er sich in der Nachfolge des Apostels sehe, wenn er Gottes, der Jungfrau und aller Heiligen Segen für die Firmenleitung erbitte. Immerhin trage die Produktion der Waffen dazu bei, die christlichen Werte des Abendlandes zu verteidigen.
Und gegen Osten gewandt zitierte er Matthäus 26:52: «Wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen.» Die heilige Kommunion erteilte der Erzbischof der Belegschaft aus dem Panzerturm eines Leoparden II. «Hier fühle ich mich sicher und geborgen wie in Abrahams Schoss», sagte versonnen lächelnd der Seelsorger, während er die massive Frontpanzerung des Leoparden tätschelte. Anschliessend erteilte Hochwürden den Putinverstehern mit schelmischem Augenzwinkern den Ratschlag, doch «nach drüben» zu gehen, wenn es ihnen bei uns nicht passe; im erzbischöflichen Sekretariat halte man in limitierter Edition «Moskau, einfach»-Fahrkarten bereit. Damit hatte Monsignore Kohlgraf die Lacher wieder einmal auf seiner Seite.
«In hoc signo vinces»
Da mochte offensichtlich auch der evangelische Standortgeistliche Joachim Gauck, ehemaliger deutscher Bundespräsident, nicht zurückstehen. Zusammen mit dem Obergefreiten der Reserve und jetzigen Rüstungsminister Pistorius, derzeit beliebtester Politiker Deutschlands, reiste er in die Lüneburger Heide, um sich dort persönlich über die Baufortschritte in der Munitionsfabrik Unterlüβ der Rheinmetall AG zu informieren. Hier werden in nächster Zukunft 200.000 Schuss Artilleriemunition p.a., 1.900 Tonnen Sprengstoff, Raketenantriebe und ggf. -gefechtsköpfe hergestellt werden.
Im Rahmen eines Feldgottesdienstes, in dem Gauck eine Reihe von Panzerfahrzeugen segnete, meinte er spitzbübisch lachend: «Das soll uns der Iwan erstmal nachmachen – wo Rheinmetall hinlangt, da wächst kein Gras mehr!» Im Anschluss daran ging’s raus nach Bergen-Hohne auf die Panzerschiessbahn. Hier de-monstrierten im «NATO Challenge Cup» die besten Panzercrews des westlichen Verteidigungsbündnisses, was sie unter «Feuergeschwindigkeit» verstehen; die Bundeswehrbesatzung hinter der 120-mm-Rheinmetall-Glattrohrkanone: 1 Schuss im Rohr, 1 Schuss in der Luft, 1 Schuss im Ziel. Aus der Ferne hörte man die 4. Kompanie des PzGrenBtl. 82, die im Rahmen der Infanteriegefechtsausbildung Grabenkampf übte, ihren Schlachtruf skandieren: «Dran, drauf, drüber!!»