Verehrtes Publikum
Als ich kürzlich gelangweilt im Internet herumsurfte, weil ich nichts Besseres mit mir anzufangen wusste, stiess ich auf einen Artikel, der mich elektrisierte: «ChatGPT kann Aufsätze verfassen, Songs schreiben und diverse Texte erstellen. Diese Künstliche Intelligenz könnte Schule, Studium und Beruf verändern. Selbst unseren Alltag könnte diese Software vereinfachen.»
«ChatGPT ist DIE Zukunft, meine Liebe», rief ich daraufhin begeistert Frau P. zu, die gerade in der Küche dabei war, unser Essen zuzubereiten. – «Was ist ChatGPT?», kam es aus dem Arbeitsraum zurück. – «ChatGPT ist eine Künstliche Intelligenz, die uns diffizile geistige Tätigkeiten im Leben abnehmen kann. Nach ChatGPT wird nichts mehr so sein, wie es einmal war!», gab ich geduldig bekannt.
Frau P.s folgende Frage, ob «mein» ChatGPT auch Gschwellti kochen und einen Salat daraus machen könne, beantwortete ich, indem ich die Tür zu meinem Arbeitszimmer geräuschvoll schloss.
In der folgenden Nacht träumte ich, meine Frau hätte mich mit der Bemerkung «Was hat diese ChatGPT, was ich nicht habe?» verlassen, und die Künstliche Intelligenz wäre bei mir eingezogen.
Es wurde langsam hell. Als ich mich im Bett umdrehte, ertönte eine Lautsprecherstimme: «Sie haben vier Stunden geschlafen. In Ihrem Alter ist das mehr als ausreichend. Stehen Sie jetzt auf.» – Aus der Küche hörte ich: «Ich habe Ihnen einen koffeinfreien Kaffee gemacht. Bei Ihrem Blutdruck von 160 zu 98 dürfen Sie pro Tag eine Tasse trinken.» Dazu gab es zwei Scheiben trockenes Knäckebrot und sechs Rosinen – wegen meiner Cholesterinwerte.
Ich ging in die Einstellhalle. Wo sonst mein Auto stand, lag ein Zettel: «Ihr Kfz entsprach nicht mehr den geltenden Abgasvorschriften. Wir haben es geschreddert.» Dies erinnerte mich an Kubricks Film «2001 – Odyssee im Weltraum», in dem HAL 9000 die Besatzung abschaltet und das Kommando übernimmt.
Wie wär’s, wenn wir vor Implementierung der Künstlichen einfach mal probehalber unsere natürliche Intelligenz benutzten?