Ein schwieriges Thema

Ein schwieriges Thema

Verehrtes Publikum

Als ich kürzlich intensiv darüber nachsann, welches Thema für unsere Kolumne wohl geeignet sein könnte, stiess ich auf eines, dessen gesellschaftliche Sprengkraft mir durchaus bewusst war. Seine innerfamiliäre dagegen zunächst nicht. Dies änderte sich im Verlauf der Bearbeitung des Themas dann allerdings gravierend.

Zweifellos ist es so, dass auch in einer langjährigen Partnerschaft wie derjenigen von Frau P. und mir nicht immer eitel Sonnenschein herrscht. Es wäre wohl anmassend, wenn man den Anschein erweckte, dies sei so. Manchmal spiegeln sich die Divergenzen der grossen Welt in der kleinen wider – der Makro- im Mikrokosmos. Solange sich dies darin erschöpft, dass man sich nicht einig wird, ob ein halbseidener Typ wie Boris Becker besser im Knast als im Fernsehen aufgehoben wäre und Kartoffeln mehr Geschmack als Basmatireis haben, ist dies nicht weiter tragisch. Es gibt aber auch andere Kaliber; z. B. die «Political Correctness».

Eigentlich wollte ich diesen kleinen Essay folgendermassen beginnen: «Sprache dient nicht nur der Verständigung, sondern auch dazu, Hierarchien in der Gesellschaft zu etablieren. Wenn WIR allerdings sagen: ‹Da drüben läuft ein depperter Chinese bei rot über die Strasse!›, dann meinen WIR das selbstredend NICHT pejorativ (= herabsetzend), sondern wollen nur dezent darauf hinweisen, dass dieser Mensch aus einem anderen Kulturkreis unsere Regeln nicht kennt – ja auch gar nicht kennen KANN! Eine politisch korrekte Methode, diesen Asiaten auf Vordermann zu bringen, bestünde darin, ihm laut und deutlich über die Strasse zuzurufen: ‹Hör mal zu, Kamerad Schnürschuh, so kannste in Shanghai über die Strasse wetzen, aber nicht bei uns; wir sind hier nicht im Urwald!›» – «Was ist denn daran lustig, wenn Du Chinesen als Deppen darstellst?», meinte Frau P.

Erneuter Versuch: «Kinder dürfen sich bei Geburtstagen nicht mehr wie ‹N*›, ‹Eingeborene› oder ‹Ureinwohner› verkleiden, sondern nur noch wie ‹Personen von Farbe›.» – «SEHR witzig!», meinte Frau P.

Das Thema scheint tatsächlich schwierig zu sein.

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