Lehr- und Wanderjahre eines Schriftstellers, Teil 2

Lehr- und Wanderjahre eines Schriftstellers, Teil 2

Verehrtes Publikum

Was bisher geschah

Wie Sie sich eventuell erinnern, begann alles mit meiner Geburt. Kurz danach fragten sich meine verzweifelten Eltern: «Was soll aus dem Jungen werden?» Mein Vater meinte, dass Automechaniker ein Beruf mit Zukunft sei. Meine Mutter meinte, man solle erst mal abwarten, wie sich der Knabe entwickele, schliesslich wisse man bei Menschen ja nie… Lange Zeit war ich unentschlossen, welchen Berufsweg ich einschlagen sollte.

Was dann geschah

Während meiner vieljährigen Schulkarriere deutete zunächst relativ wenig auf eine ausgeprägte literarische Begabung hin. Der Pflicht und nicht dem Drange folgend, nahm ich mit unterschiedlichem Erfolg am Verfassen von Aufsätzen teil. Eines Tages erkühnte ich mich, in einem Beitrag eine hoch dramatische Metapher zu wählen.

Ich erinnere mich noch lebhaft an diesen epochalen Satz, an dem ich lange Stunden gefeilt hatte, bevor ich ihn zu Papier brachte: «Die Argumente der beiden gegnerischen Parteien kreuzten sich wie feindliche Schlachtschiffe auf hoher See.» – War dies der Durchbruch in der legitimen Nachfolge Thomas Manns und seiner «Buddenbrooks», für die er schliesslich den Nobelpreis eingeheimst hatte? Mein Weg schien mir vorgezeichnet.

Ein Schlag ins Kontor

Da hatte ich jedoch die Rechnung ohne den Wirt bzw. meinen Deutschlehrer gemacht; hätte ich auf diesen begnadeten Pädagogen gehört, früh wäre ich gescheitert. Mein Seeschlachtgemälde animierte ihn zu der vor der Klasse gestellten Frage: «Hast du noch alle Tassen im Schrank?» Dies trug mehr zur allgemeinen Erheiterung als zur Vervollkommnung meiner schriftstellerischen Fähigkeiten bei.

Ich suchte Trost bei J. W. Goethe und seinen «Leiden des jungen Werthers». Ein schwacher Trost, denn wenn ich mich recht erinnere, beging dieser Typ Suizid. Zwar nicht wegen eines vergeigten Deutschaufsatzes, aber tot war er trotzdem.

Wie weiter?

Das war die entscheidende Frage, vor der ich nun stand. Da geschah etwas, das alles verändern sollte.

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