Weltuntergang vs. Kinderglück

Weltuntergang vs. Kinderglück

Verehrtes Publikum

Vor ziemlich langer Zeit – ich weiss nicht mehr, wann, ich weiss nicht mehr, wo – habe ich eine wilde Geschichte von der Endzeit gelesen; von Armageddon, der Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse: «Die Pestzeichen standen am Himmel, die Vögel fielen tot zu Boden, es regnete schwarzes Blut. Der Schnitter Tod ging über das Land und säte Drachenzähne. Daraus wuchsen eiserne Männer, die wie Tollwütige übereinander herfielen und sich gegenseitig erschlugen.»

Sollten Sie soeben gedacht haben: «Mann, oh Mann, dieser Peters, der hat eine Fantasie, das grenzt schon ans Morbide», dann kann ich nur milde lächelnd antworten: «Tatsächlich? Hat er die?» – Sehen Sie sich doch mal ein wenig in den Medien um, oder gönnen Sie sich das zweifelhafte Vergnügen, im Fernsehen, namentlich im deutschen, an einer Talkshow teilzunehmen. Was hören Sie da?

  • Die Vorhersage, dass die 34. Coronawelle mit ihren verheerenden Folgen das Gesundheitssystem zum irreversiblen Kollaps bringen werde.
  • Sollten wir wider Erwarten diese Welle überstehen, werde uns die kommende Grippewelle, gegen die die Spanische Grippe ein kleiner Schnupfen war, mit Stumpf und Stiel ausradieren; der Homo sapiens wird Geschichte sein!
  • Die Klimaerwärmung werde die Alpengletscher verschwinden lassen; das Tempo erhöhe sich rasant. Der Dauerfrostboden schmelze wie Butter an der Sonne, und im Jahr 2024 werde das Gotthardmassiv im Hafen von Rotterdam angespült.
  • Aus Brüssel wird Ursula von der Leyen zugeschaltet. Mit tief betroffener Amtsmiene und Grabesstimme verkündet die Frau Präsidentin der Europäischen Kommission das unmittelbar bevorstehende Ende der Menschheit – «und dies ist erst der Anfang!»

Kürzlich war Chilbi (für unsere deutschen Leser: «Chilbi» = Kirchweih/Kirmes) in Kaiseraugst. Neben mir am Karussell stand ein fröhliches kleines Mädchen. Mit zuckerwatteverklebtem Mund fragte es mich: «Hast du Geld für eine Fahrt?» Dann winkte es mir strahlend zu, während es seine Runden drehte. Das Leuchten der Kinderaugen löste in mir den Gedanken aus, ob es nicht eventuell sinnvoller sein könnte, Kindern beim Karussellfahren zuzusehen, statt sich im Fernsehen pausenlos darüber belehren zu lassen, dass wir alle demnächst über den Jordan gehen.

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